Donnerstag, 6. November 2008







[7NOV2008/ 06:06 Uhr Hamburg/14:06 Uhr Nagoya]

Epilog. "Ich plane einen Gefängnisausbruch! Zuerst müssen wir raus aus dieser Bar, dann raus aus diesem Hotel, raus aus der Stadt und raus aus dem Land! Sind sie dabei?" Diese Worte spricht Bill Murray in seiner Rolle als Bob Harris in dem Film ‚Lost In Translation‘. Meine Flucht ist ebenso verlaufen, wenn auch nicht freiwillig. Ich hätte Japan nicht verlassen müssen. Seit Mittwoch (5. November) bin wieder zurück in Hamburg und kämpfe seit dem gegen einen alten Gegner: die Müdigkeit zu unpassenden Zeiten. Noch am vergangenen Montag und Dienstag haben wir die letzten Motive im Studio fotografiert und im Anschluss begonnen unsere Ausrüstung zu packen. Zurück im Hotel hatte ich große Probleme mein Koffer zu schließen, da ich von unserem Studioteam so viele wunderbare Geschenke bekommen habe. Am Dienstag Abend traf sich dann das komplette Fototeam, insgesamt 16 Leute, in einem italienischen Restaurant im Toyota Gebäude in Nagoya zu einem Abschiedsessen. Es war, als säßen 16 Freunde um einem Tisch und nicht 16 Arbeitskollegen. Es wurden weitere Geschenke ausgetauscht und Fotos gemacht. Direkt danach hatten wir einen großen Partyraum bei JoyJoy-Karaoke gemietet und jeder aus dem Team musste mindestens einen Song singen. Übrigens waren die alkoholischen Getränke in der Karaoke Bar frei und es wurde ein unglaublich lustiger letzter Abend. Während unsere japanischen Freunde typische und wohl sehr bekannte japanische Lieder sangen, blieben wir bei englischen Songs und sangen sogar zu dritt ‚99 Luftballons‘ von Nena.
Nach einer sehr kurzen Nacht verließen wir Nagoya um 8 Uhr morgens in Richtung Flughafen und es war schon ein eigenartiges Gefühl aus dem Hotelzimmer zu gehen, welches für vier Wochen mein zu Hause gewesen ist. Am Flughafen dauerte es ewig, bis wir unsere Ausrüstung und das Gepäck aufgegeben hatten, zumal mein Anschlussflug von Frankfurt nach Hamburg nicht im System war und es fast so aussah, als wäre eine Buchung nicht mehr möglich. Dann war auch noch das Sicherheitssystem ausgefallen, so dass eine Schlange von etwa einem Kilometer vor der Personenkontrolle stand. Wohl mehr als eine Stunde mussten wir anstehen, bevor es weiter ging. Dann war der Abflug ebenfalls verzögert und wir alle waren froh, als wir dann endlich im Flugzeug saßen.
Nach knapp zwölf Stunden Flug, saß ich dann noch weitere vier Stunden in Frankfurt in der Lobby, bevor ich meinen Heimflug antreten konnte, der dann noch mal um knapp eine halbe Stunde später startete. Es mag befremdlich klingen, aber plötzlich wieder alle Straßen- und Verkehrsschilder lesen zu können und die Sprache zu verstehen war im ersten Moment sehr seltsam. Aus dem Flughafen Terminal bin auf der linken Seite hinausgelaufen und vor dem Taxifahrer habe ich mich verbeugt, als er mir den Koffer ins Auto gehoben hat. Schon jetzt vermisse ich den Ausblick aus dem 44. Stockwerk, die Fahrstuhlglocke beim Erreichen des Stockwerks, die Geräuschkulisse auf den Straßen, die Bentobox zu Mittagessen, die Soba-Nudeln, das Sushi, unser japanisches Studioteam, das Üben der japanischen Sprache…
Eines der Geschenke die ich erhalten habe ist eine Lernanleitung zu Kanji, der japanischen Schriftsprache. In 365 Schritten kann man 365 Basisbegriffe lernen. Wir sprechen uns im nächsten Jahr. „Lass uns nie wieder hierherkommen. Es würde nie wieder so lustig werden.", sagt Scarlett Johansson bei ‚Lost In Trabslation‘. Ich würde gerne wieder zurück nach Japan kommen. Es würde für mich immer so berauschend werden!
Bild 1 zeigt den Stadplan von Nagoya. Bild 2 eine Markierung auf dem Fußgängerweg. Bild 3 den Weihnachtswahnsinn vor unserem Hotel in Nagoya.

mata aimashoo

Alex

Montag, 3. November 2008











[3NOV2008/ 00:41Uhr Nagoya/16:41 Uhr Hamburg]

Schneller als noch vier Wochen früher, zu Beginn unseres Jobs, schiebt sich die Dunkelheit in den Tag und die Temperatur ist fühlbar nach unten gegangen. Nach ziemlich genau 264 Arbeitsstunden innerhalb von einem Monat und einem Minimum an Frischluft und Tageslicht, fühlt sich der Körper langsam seltsam an. Die Häufigkeit von Sekundenschlaf ist stark angestiegen und die Konzentration auf grundlegende Abläufe ist eingeschränkt, so dass Unterhaltungen manchmal in der Mitte abbrechen und nicht mehr aufgenommen werden. Morgen werden die letzten Einstellungen fotografiert und wir beginnen mit dem Zusammenräumen der Ausrüstung. In den vergangen Tagen habe ich eine riesige Menge wunderbarer Geschenke von unserem japanischen Studioteam erhalten. Das Austauschen von Geschenken ist durchaus ein sehr populärer und beliebter Teil der Kultur. Es kommt dabei weniger auf den Inhalt eines Geschenks an, als mehr auf die Verpackung und die Idee, welche dahinter steckt. Für unser Team habe ich aus Deutschland viele Päckchen Schokolade mitgebracht und in den letzten Wochen noch einige individuelle Geschenke hier in Nagoya gefunden, die ich am letzten Tag verteilen möchte.
Den freien Sonntag haben wir für einen Ausflug nach Kyoto benutzt. Vom Ende des 8. Jahrhunderts bis über die Mitte des 19. Jahrhunderst war Kyoto die Hauptstadt Japans (der Name Kyoto bedeutet Kaiserliche Residenz). Wenn man die ersten drei Buchstaben des Namens Kyoto ans Ende setzt erhät man den Namen der Stadt, die ab 1868 als Japans neue Haupstadt fungierte: Tokyo. Unser Fahrer Sadogawa und unsere Dolmetscherin Tamami haben uns begleitet und geführt. Einer beliebten japanischen Tradition folgend stoppten wir nach knapp neunzig Minuten Fahrt an einer Raststätte, um Getränke und Snacks für unterwegs einzukaufen. Nicht vergleichbar mit dem ungepflegten- und langweiligen Charme deutscher Autobahnraststätten, war ich mehr als begeistert von der Vielfalt des Warenangebots des japanischen Pendants. Eine unüberschaubare Menge kleiner Bentoboxen mit Süßigkeiten, Kuchen, gegrillten Garnelen, frittiertem Huhn, Reisbällchen, Schokolade, die alle wunderbar verpackt waren und preislich nicht besonders auffällig waren. In den Verkaufsräumen war kaum Platz, so viele Menschen drängten sich vor den Regalen. Ganz dem Versuch sich japanischer Besonderheiten anzunähern, haben wir dann eine große Tüte Getränke und Süßigkeiten gekauft, bevor wir wieder weiter nach Kyoto gefahren sind. Höchstgeschwindigkeit auf japanischen Autobahnen ist übrigens 100 km/h, so dass es zweieinhalb Stunden zu unserem Ziel dauerte. Der für den nächsten Tag angesetzte öffentliche Feiertag erhöhte die Zahl der Autos auf den Straßen und der Menschen bei den Sehenswürdigkeiten um ein Vielfaches. Glück hatten wir, wie immer man es auch nennen mag, weil sich erst in den nächsten Wochen die Blätter der Bäume rot verfärben und der Ansturm der Besucher sich nochmals steigern wird.
Der erste Halt war der Toji Tempel, mit drei sehr schönen hölzernen Hallen, in denen sich Buddha Statuen befinden und einer Pagode. Nach relativ kurzer Zeit sind wir weiter zum Tofukuchi Tempel gefahren, der vier unfassbar schöne Gärten innerhalb seiner Mauern vereint. Besonders der Hojo Garten ist in seiner Schlichtheit und gleichzeitigen Perfektion kaum zu beschreiben. Gleich japanischen Touristen in Europa, haben wir alles fotografiert und das Verständnis für dieses Verhalten ist nun vollkommen vorhanden. Im Anschluss haben wir in einem kleinen Restaurant in der Stadt etwas gegessen und sind dann zum nahe gelegenen Sanjusangen-do Tempel gelaufen, der in einer hölzernen Halle 1000 goldene Buddha Statuen aufgereiht hat. Leider ist es verboten dort Fotos zu machen, denn die Masse der identischen- circa 1,60 Meter großen Statuen ist beeindruckend. Man sagt, dass eines der tausend Gesichter dem eigenen gleicht, man müsse es nur finden. Um möglichst viel in kurzer Zeit zu sehen, wie es in Japan üblich ist, haben wir dann noch einen letzten Tempel besichtig (Kiyomizu Tempel), den ich bei meinem ersten Besuch in Kyoto 2006, ebenso wie den Sanjusagen-do Tempel bereits angeschaut habe. Mitten im Sonnenuntergang und umrandet von noch mehr japanischen Touristen sind wir durch schmale Straßen zum Tempel aufgestiegen, der an einem Berghang liegt und von Wald umgeben ist. Am Ende der Besichtigung wurde es dann sehr schnell dunkel und bevor wir nach Nagoya zurück gefahren sind, waren wir alle noch in einem japanischen Biorestaurant essen. Die Rückfahrt hat Sadogawa um eine Stunde beschleunigt, so dass wir gegen Mitternacht wieder in unserem Hotel waren. Viel zu wenig Zeit für die Besichtigung Kyotos, viel zu wenig für alles.
Der letzte Tag ist nun in greifbarer Nähe und noch ein Motiv steht auf dem Plan. Es wird sicher furchtbar werden sich von unserem japanischen Studioteam verabschieden zu müssen. In den letzten Wochen hat die japanisch-deutsche Sprachverständigung immer besser funktioniert und das tägliche Sehen und Arbeiten war sehr vertraut. Für den Abend haben wir in einem Restaurant in Nagoya Tische für eine Abschlussfeier bestellt und im Anschluss einen Saal in einer Karaoke Bar reserviert. Der Rückflug am 5. November wird um 11 Uhr morgens Nagoya verlassen und trotz zwölfstündiger Dauer um 15.30 Uhr (MEZ) in Frankfurt landen. Ich habe heute nicht den Eindruck einen ganzen Monat in Japan verbracht zu haben. Die Umstellung wird sicher eine ganze Weile in Anspruch nehmen. Ich muss aufhören mich in Gesprächen zu verbeugen und Domo Arigato (Vielen Dank) zu sagen, auf der Rolltreppe links zu stehen, zu Schlürfen beim Nudelessen, erst nach rechts beim Überqueren der Straße zu schauen und mich wieder an die Benutzung von Messer und Gabel gewöhnen.
Für mich war es eine wunderbare Zeit…
Bild 1 zeigt den Sonnenuntergang über Kyoto vom Kiyomizu Tempel aus. Bild 2 zeigt eine der vielen Geishas die in Kyoto das Stadbild prägen. Nur in Kyoto werden sie Maiko genannt. Auf Bild 3 ist ein Teil des Sanjusangen-do Tempels zu sehen. Ein kleiner Teil des wunderschönen Hojo Gartens sieht man auf Bild 4.
Shitsuree shimas (ich muss weiter)
Sayoonara!

Alex

Dienstag, 28. Oktober 2008







[28OKT2008/ 22:37Uhr Nagoya/14:37 Uhr Hamburg]

Heimat lässt nicht los, mit Krallen hält sie und zieht alles zurück in ihre Arme…! Mehr als erstaunt und erfreut war ich, als mir unsere Studioassistentin Yuko heute einen japanischen Reiseführer für Deutschland gezeigt hat und ich beim ersten Durchblättern tatsächlich mein Heimatort Lorsch/Hessen gefunden habe. Yuko hat insgesamt 10 Tage für eine Deutschland-Rundreise eingeplant, ein Zeitraum der den üblichen Ferientagen der Japaner entspricht. Zwar haben die Menschen mehr Urlaub, doch länger als zehn zusammenhängende Tage Urlaub zu bekommen ist schwierig. Also haben wir heute alle zusammen für Yuko und ihren Ehemann einige Reiseziele vorgeschlagen und sie überzeugen können im Sommer nach Deutschland zu kommen und nicht wie geplant in diesem November. Ich kann nicht beschreiben, wie sehr mich der Name meiner Heimatstadt auf der Landkarte und das Foto des Lorscher Klosters berauscht haben. Am Ende habe ich mir noch den Stadtnamen in japanischer Schrift aufmalen lassen.

Bild Nr. 1 zeigt die Landkarte mit meiner Heimatstadt am linken Rand. Bild Nr.2 zeigt die Königshalle in Lorsch mit einem Ausschnitt der Beschreibung im japanischen Reiseführer. Auf Bild Nr. 3 ist die japanische Übersetzung von Lorsch zu sehen.
Alex

Montag, 27. Oktober 2008











[27OKT2008/ 01:01Uhr Nagoya/17:01 Uhr Hamburg]

Zeit entsteht dadurch, dass sie vergeht und nach ein paar Nächten und dunklen Tagen sind tatsächlich schon ¾ des Jobs hinter uns. Ich könnte nicht behaupten bereits knapp drei Wochen in Japan zu sein. Die Masse an Informationen, Bildern und Sprache hat sich in meinem Kopf angesammelt und das Gefühl für Zeit völlig aufgelöst. Parallel dazu ist eine Gewöhnung an die Fremdartigkeit eingetreten und vieles, was noch vor zwei Wochen aufmerksam betrachtet worden ist, wird nun beiläufig wahrgenommen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass Japan seine Anziehungskraft verloren hat, eher das Gegenteil ist eingetreten, aber das Grundbedürfnis nach Schlaf und frischer Luft ist gewachsen und die Vertrautheit mit der Hotel- und Studioumgebung ist gewachsen. Es hat sich ein ‚japansicher Alltag‘ eingestellt und dieses neue Gefühl ist sehr beeindruckend. Das Bewegen in öffentlichen Räumen ist sicherer geworden, automatisch stelle ich mich auf die linke Seite, wenn ich eine Rolltreppe benutze oder halte den Türöffnungsknopf im Fahrstuhl, bis alle eingestiegen sind. Auch bei Unterhaltungen haben wir schon die japanischen Bewegungen angenommen, die sehr viel mit Kopfnicken und Handbewegungen erklären. Beim Überqueren von Straßen schaut man schon automatisch nach links (Linksverkehr in Japan), geht keinesfalls bei Rot über den Zebrastreifen oder drängelt sich vor andern durch eine Tür.

In den Straßen stehen alle paar Meter Getränkeautomaten, wo man von sehr bunten Säften, kalten Kaffee in Dosen, grünen Tee und Vitaminwasser kaufen kann. Selbst in den kleinsten Straßen stehen solchen Automaten. Daneben sind immer kleine Plastikmülleimer platziert, wo man die Getränkedosen nach Herstellern getrennt entsorgen kann. Sonst ist es fast unmöglich an anderen Orten Mülleimer zu finden. Seit 9/11 sind in Japan die Mülleimer an öffentlichen Plätzen abmontiert worden, aus Angst vor Anschlägen. Dennoch liegt nirgendwo Müll auf den Straßen. Auch die Getränkeautomaten sind sehr sauber, ohne Graffiti oder Beschädigungen. Japaner behalten ihren Müll solange bei sich, bis ein Mülleimer gefunden wird und schmeißen nichts einfach auf die Straße. Mir ist es schon ein paar Mal so gegangen, dass ich eine Getränkeflasche aus einem der kleinen Supermärkte einen halben Tag mit mir herumgetragen habe, weil kein Mülleimer zu finden war. Aus diesem Grund empfinde ich die Sauberkeit auf den Straßen sehr bewundernswert.

Eine weitere Beobachtung will ich noch kurz einfügen, die ich nicht als Wertung verstanden habe möchte, sondern nur als eine Besonderheit, die mir hier in den Straßen aufgefallen ist. Es dreht sich um die Häufigkeit von X-Beinen und O-Beinen bei den japanischen Frauen und Mädchen. Zunächst mal ist die Schuhmode ganz außergewöhnlich. Es werden mir großer Begeisterung sehr hohe Absätze getragen und ich habe immer das Gefühl, es ist mehr ein Fallen und Ausgleichen als ein Gehen. In Verbindung mit den erwähnten X-Beinen und O-Beinen ergibt das wirklich einen seltsamen Anblick. Man stellt sich unweigerlich die Frage, wie sich das bei den betreffenden Personen wohl anfühlen mag und ob es überhaupt wahrgenommen wird. Desweiteren sind Japanerinnen sehr zierlich und eher klein gewachsen. Wie mir unsere Dolmetscherinnen erzählt haben, herrscht dennoch ein großes Bedürfnis, besonders bei jüngeren Mädchen, schlank zu sein. Das mutet befremdlich an und oft sind die Beine so dünn, dass zunächst zwischen Ober- und Unterschenkel kaum ein Unterschied im Umfang zu erkennen ist, aber auch Beine und Arme nicht wesentlich auseinander liegen.

Der gestrige freie Sonntag war leider von Regen und Wolken durchzogen. Gegen 13 Uhr sind Sabrina (Fotoassistentin), Tamami (Dolmetscherin) und ich zu einer Stadtrundfahrt aufgebrochen. Zunächst haben wir uns ein Ticket für 500 Yen gekauft (circa 4,30 €) und sind in den Bus gestiegen, der auf einer Kreislinie mit mehren Sehenswürdigkeiten verkehrt. Man konnte dann aus- und zusteigen, wann immer einer der Busse erreicht wurde. Als wir am Ausgangspunkt eingestiegen sind, war schon kaum mehr Platz frei und wir standen dicht gedrängt im Gang. Der Lautstärkepegel der Unterhaltungen war recht hoch, im Gegensatz zu anderen japanischen öffentlichen Verkehrsmittel, wo nicht oder nur sehr leise gesprochen wird. Wir dachten nun, die Rundfahrt würde bald beginnen, doch es stiegen immer mehr Leute zu. Als dann der Bus endlich abfuhr konnte man freihändig stehen, weil ein Umfallen aufgrund des Gedränges unmöglich gewesen wäre. Die erste Station sollte das Toyota Museum sein und wir freuten uns schon auf mehr Platz, doch es stiegen etwa acht Leute aus und dafür zehn neue Fahrgäste ein. An den folgenden Stationen war es ähnlich und am Ende war der Bus sicher doppelt so voll als zugelassen. Unser Ziel war der Tokugawaen Park, ein sehr schöner botanischer Garten im japanischen Stil, mit Wasserfällen, einem See und vielen kleinen Wäldern. Leider hörte der Regen nicht auf und sorgte für sinkende Begeisterung. Gegen 17 Uhr waren wir wieder im Hotel.

Noch insgesamt neun Studioarbeitstage liegen vor uns, bevor wir am 5. November wieder zurück fliegen. Bis dahin lässt es meine Zeit hoffentlich noch einige Beobachtungen für den Blog zu. Am kommenden Sonntag ist ein größerer Ausflug geplant, doch dazu möchte ich an dieser Stelle noch nichts sagen.
Bild Nr. 1 Fisch (bei der Fütterung), Bild Nr. 2 Fisch (gekocht), Bild Nr. 3 Fisch (gegrillt), Bild Nr. 4 Fisch (roh).

Bis bald!

Alex

Donnerstag, 23. Oktober 2008







[24OKT2008/ 6:31 Uhr Nagoya/23:31 Uhr Hamburg]

Bei meinem ersten Besuch in Japan 2006 hat die japanische Gesellschaft wie ein großer schwarzer Block auf mich gewirkt, der seine Geheimnisse bewahren will. Es schien unmöglich gewisses Verhalten zu verstehen und zu deuten. Immer wieder hatte ich in den letzten Tagen die Möglichkeit mit unseren Dolmetscherinnen, aber auch mit unserem Studio Team einige meiner Fragen zu klären, die Politik, Gesellschaft und Tradition betreffen.

Japan wird durch eine parlamentarische Monarchie regiert, wobei Tenno Akihito (Kaiser) nur zeremonielle Aufgaben wahrnimmt, sowie Minister ernennt und Gesetze verkündet. Die Staatsgewalt liegt beim Parlament, welches aber vom Premierminister (derzeit Taro Aso) berufen wird. Die Politikverdrossenheit der Japaner ist groß, so dass zu den Wahlen durchschnittlich nur 40% der Wahlberechtigten gehen. Es besteht die Überzeugung, dass die Abgabe einer Stimme an der Situation im Land und an der Unzufriedenheit mit der Staatsführung nichts ändern wird. Das Interesse an der kaiserlichen Familie ist bei den jüngeren Japanern eher gering, auch wenn immer noch Schulklassen zu den seltenen öffentliche Auftritten des Kaisers gefahren werden. Besonders die Frisuren der weiblichen Familienmitglieder im Kaiserpalast stoßen auf Unverständnis…

Beliebteste Sportart in Japan ist übrigens nicht Sumo, sondern seit mehr als 30 Jahre Baseball. Schon über einhundert Jahre in Japan gespielt, ist wohl die Häufigkeit der Berichterstattung im TV in den vergangenen drei Dekaden stark angestiegen, so dass man den Eindruck haben könnte, es gäbe keine anderen Sportarten. Bisher war ich morgens vor der Fahrt ins Fotostudio schon einige Male in einem zwanzig Minuten entfernten Park laufen und gleich zu welcher Zeit ich dort vorbei gekommen bin (meistens ab 6.30 Uhr), die öffentlichen Baseball Felder waren immer voll besetzt und alle waren in entsprechend professioneller Kleidung beim Spielen. Da viele Japaner sehr lange in den Abend hinein arbeiten, sind die frühen Stunden des Tages oft die einzige Möglichkeit für Sport. Sumo wir hingegen, nachdem es in den letzten Jahren ein wenig unpopulär geworden ist, wieder mit wachsender Begeisterung angenommen. Erstaunlich ist allerdings, dass die ersten beiden Plätze der Großmeister (yokozuna) von zwei Sumo-Ringer aus der Mongolei besetzt sind.

Für Japaner ist es sehr wichtig Teil eines Teams sein zu können, sei es im Sport oder am Arbeitsplatz. In den Bars sieht man abends große und kleine Gruppen Anzugträger, die bei ein paar Getränken sehr kommunikativ zusammensitzen. Nach Aussagen unserer Dolmetscherinnen hat das zunächst den eben erwähnten Grund Teil einer Gruppe sein zu wollen. Es bleibt wenig Zeit um Freunde zu finden, also werden die Arbeitskollegen zu Freunden gemacht. Überraschend finde ich den zweiten Grund, dass Japaner, vor allem etwas ältere Männer, sehr unterhaltsam sein können, wenn sie sich an öffentliche Orten wie Bars oder Restaurants befinden, aber ungern nach Hause gehen, weil sie sich schwer damit tun, in der eigenen Familie zu öffnen oder wahre Emotionen zu zeigen. Es gibt in der japanischen Sprache sogar eine Formulierung die in etwa ‚meine ungeschickte Frau‘ bedeutet, häufig von etwas älteren Männern benutzt wird und keinesfalls liebevoll gemeint ist. Jüngere Japaner verweigern sich dieser Formulierungen komplett. In der Öffentlichkeit ist der Mann in den meisten Fällen der dominierende Teil, während die Frauen zu Hause wohl mehr Macht besitzen. Zum Glück scheinen diese Strukturen bei den jüngeren Generationen sich nicht durchzusetzen.

Tradition spielt in Japan eine sehr große Rolle. Auch hier sind junge Japaner daran ihren eigenen Weg zu finden und die festen Vorgaben und Regeln neu zu definieren. Konservative Japaner bemängeln übrigens, dass moderne junge Familien ihre Kinder ohne Ohrfeigen erziehen. Noch heute werden manche Ehen von den Eltern arrangiert, auch wenn die Zahl stetig fallend ist, aber Tradition ist hier ebenfalls ein zentraler Aspekt. So gestehen zum Beispiel japanische Manager oder Geschäftsleute ihren Töchtern eine Zeit im Ausland zu, inklusive Beziehungen zu nicht japanischen Männern, doch der Ehemann muss ein Japaner sein. Überhaupt sieht man wenige Pärchen in den Straßen, die sich an den Händen halten oder gar küssen, nur manchmal stehen in den Ecken des Nagoya Hauptbahnhofes Paare dicht beieinander und kuscheln, aber immer mehr versteckt.

Was die Wohnsituation betrifft habe ich erfahren können, dass die Preise, nicht anders wie im Rest der Welt nach Lage und Größe richten. So bezahlt Nomura 60000 Yen (circa 480€) für 60 Quadratmeter. Beim Kauf einer 3-Zimmer Wohnung muss man schon 37 Millionen Yen (etwa 300000 €) bereit halten. Dennoch wirken die modernen japanischen Wohngebäude sehr klein und kompakt, fast so als könnte man nicht aufrecht darin stehen.

Hier noch ein paar Besonderheiten kurz angefügt: Das Naseputzen am Tisch ist nicht gerne gesehen. Vom Tisch wegdrehen oder den Raum verlassen ist die bessere Wahl. Die Zahl vier ist eine Unglückszahl (ähnlich der 13 bei uns) und hat etwas mit dem Tod zu tun. Das Zeigen mit den Fingern auf eine Person ist unhöflich. Weiß ist eine Trauerfarbe (wie das Schwarz in Europa). Man vermeidet in de Regel langen Augenkontakt. Japanische Toiletten sind voller Technik. Die ‚Sitzfläche‘ ist beheizt und in unterschiedlichen Wärmestufen geregelt. Körperkontakt in der Öffentlichkeit wie Händeschütteln oder Umarmungen habe ich hier noch nie gesehen. Bei Erkältungen tragen Japaner Mundschutz und Handschuhe in der Öffentlichkeit um auch andere vor Ansteckung zu schützen. Die Buchstaben R und L sind für Japaner wirklich schwer auszusprechen und mir fällt spontan kein Wort mit diesem beiden Buchstaben ein. Dunkelblaue Anzüge, weiße Hemden und Krawatte werden meiner Meinung nach weltweit nicht häufiger getragen als in Japan.

Sicher werden viele meiner Beobachtungen nicht für alle Japaner zutreffen und die Erzählungen unserer Dolmetscherinnen subjektiv bestimmt sein, doch glaube ich einige Aspekte Japans richtig eingeordnet zu haben.

Bild 1 zeigt die ‚Grundausstattung‘ in allen japanischen Restaurants. Die feuchten- und oft sehr heißen Tücher sind für die Reinigung der Hände. Das Wasser ist umsonst und wird immer nachgefüllt. Man muss kein weiteres Getränk bestellen. Auf Bild 2 ist ein Wohnhaus am Rand der Stadtautobahn zu sehen. Bild 3 spricht für sich.

Bis bald!

Alex

Montag, 20. Oktober 2008





[20OKT2008/ 22:00Uhr Nagoya/15:00 Uhr Hamburg]


YA! Einen Ausruf den ich gestern mehrfach laut gerufen habe und der das Ende eines Taiko Trommelstückes markiert. An unserem freien Sonntag hatte ich tatsächlich die Möglichkeit das Taiko Trommeln zu lernen und ich kann nicht sagen, wie unglaublich sich alles angefühlt hat. Wer im Blog zum vorletzten Sonntag springt, wird dort finden können, dass bei der Nagoya Parade große Trommeln mit einem hypnotischen Rhythmus geschlagen wurden. Ich konnte nicht mehr aufhören darüber nachzudenken und habe unsere Dolmetscherin gefragt, ob es möglich wäre diese Art des Trommelns zu lernen. Im Laufe der zurückliegenden Woche hat Tamami es dann geschafft eine Privatlehrerin zu finden, die mich unterrichten würde. Als dann die Bestätigung kam war ich sehr aufgeregt und da unsere Dolmetscherin mich zum Übersetzen begleiten wollte, habe ich für sie auch eine Doppelstunde gebucht, als Dank für ihre Mühe. Am Sonntag sind wir gegen 14 Uhr mit der U-Bahn nach Osu Kannon losgefahren, einem recht zentral gelegenen Stadtteil von Nagoya. Sonntag ist der Einkaufstag für alle Japaner. Die Geschäfte sind geöffnet und es sind Massen von Menschen unterwegs.


In einer kleinen Straße im ersten Stock befindet sich die Taiko Schule von Sachiko Nemoto, die seit 25 Jahren diese Musikkunst beherrscht. Wir mussten dann Schuhe und Strümpfe ausziehen, um eine festen Halt zu haben. Vor einem großen Spiegel baute Sachiko dann die Trommeln auf und gab uns unsere Trommelstöcke. Auf einer Tafel malte sie die Rhythmen auf, spielte sie ein Mal vor und wir mussten sie nachtrommeln. Viel schwere als ich gedacht habe, denn die Körperhaltung ist festgelegt, die Bewegung der Arme ist gegeben, die Haltung der Trommelstöcke ist vorgeschrieben und dazu muss man den doch recht schnellen und nicht ganz einfachen Rhythmus halten. Der Wechsel von betonten- und unbetonten Trommelschlägen, in Verbindung mit langsamen- und schnellen Schlägen hat höchste Konzentration gefordert. Insgesamt haben wir neun verschiedene Schlagabfolgen gelernt und dann in einem Stück getrommelt. Im Anschluss an die acht Rhythmen wurde dann eine Art Ausklang getrommelt, bei dem schnelle und leise Schläge immer lauter wurden, mit einer speziellen Schlagfolge (rechts, links, links, rechts) stoppten und der Ausruf YA! das Ende markierte. Nach einer Weile des Übens hat Sachiko vorgezählt, angefangen zu trommeln und wir mussten mit dem gelernten Rhythmus einsteigen und weiterspielen. Es war sensationell. Nach zehn Minuten stand mir der Schweiß auf der Stirn und wie wir am Ende der zwei Stunden erfahren haben, wird Taiko nicht nur wegen der Musik, sondern auch als Möglichkeit zur Meditation und als Sport gesehen. Es war wirklich alles zusammen und hat sehr großen Spaß gemacht. Die Zeit ist vergangen als wären wir nur wenige Minuten in der Taiko Schule gewesen.


Überrascht war ich allerdings vom Preis einer guten Taiko Trommel, der bei 800.000 Yen (etwas mehr als 6000€) liegen kann. Die Trommeln werden aus einem Stück Baumstamm gefertigt, in der heutigen Zeit sind es wohl Ulmen und die Bespannung ist aus Kuhhäuten. Weniger teure Exemplare liegen aber auch noch zwischen 200.000 Yen (circa 1500€) und 500.000 Yen (circa 3700€). Ich habe dann mein Vorhaben aufgegeben eine Taiko mitzubringen…! Diese Erfahrung war wirklich außergewöhnlich und noch als ich beim Abendessen saß, konnte ich diesen dumpfen Klang der Taiko in meinem Körper fühlen. YA!


In den letzten Tagen habe ich die Zeiten gestoppt, zu denen wir an der frischen Luft sind. Also wie lange wir außerhalb geschlossener Räume wie Hotel, Bus, Studio oder Restaurants sind und bin dabei auf die unglaublich geringe Zahl von achteinhalb Minuten durchschnittlich pro Tag gekommen. Erschreckend, aber selbst zum Abendessen muss man den Gebäudekomplex nicht verlassen. Auf unsere Arbeitswoche von sechs Tagen umgelegt würde das ungefähr eine Gesamt-Frischluft-Zeit (GFZ) von circa 51 Minuten bedeuten. Wir hoffen alle auf das Ausbleiben von Langzeitschäden. Wie ist eure GFZ pro Woche?


Bild 1 zeigt meine Taiko Lehrerin Sachiko Nemoto. Auf Bild 2 ist das Notenblatt zu sehen nach dem wir getrommelt haben. Meine Trommel ist auf Bild 3. Wie es aussieht wenn ich trommle, ist dann auf Bild 4 zu sehen.


sayoonara!


Alex

Freitag, 17. Oktober 2008









[17OKT2008/ 21:47Uhr Nagoya/14:47 Uhr Hamburg]




Ein langer Blick durch die Nacht...


oyasumi nasai




Alex

Donnerstag, 16. Oktober 2008





[16OKT2008/ 23:17Uhr Nagoya/16:17 Uhr Hamburg]


‚Totemo yokata des‘, dürfte etwa die Bedeutung besitzen, dass es ausgezeichnet geschmeckt hat. Heutiges Abendessen war sensationell und eine Empfehlung unseres japanischen Studiomanagers Yuji. In einer sehr schmalen Straße, umstellt von größeren Wohnblöcken, liegt das Restaurant SAMO, dessen Küchenchef wohl kein Unbekannter in der Küchenszene Japans ist. Seine Ideen verbinden moderne Küche mit japanischen Zutaten. Eigentlich ist es kaum zu beschreiben, wie die einzelnen der insgesamt acht Gänge geschmeckt haben, da Konsistenz und Geschmack so ungewöhnlich sind. Ständig versucht man das Essen mit bekannten Dingen zu vergleichen, aber das schlägt fast immer fehl. Selbst unsere Dolmetscherin kannte die Namen der einzelnen Zutaten nicht. Außergewöhnlich war sicher das Sashimi vom Barrakuda. Doch auch alle anderen Gänge waren sehr gut und es fällt schwer einen Favoriten zu benennen. Ein Teil der japanischen Esskultur ist das langsame Essen, welches dem Küchenchef, zumindest im Sushi Bereich, Respekt entgegenbringt und zeigt, dass man seine Künste zu schätzen weiß. Unser Kellner war sehr freundlich, hat uns viel über das Geschirr erzählt, auf dem wir unser Essen serviert bekommen haben. Einige der Schüsseln, mit echtem Gold verziert, sind mehr als 130 Jahre alt. Noch beim Gehen, öffnete er die Schränke und stellte immer wieder neue Schüsseln und Gefäße auf die Theke und freute sich daran, dass wir Interesse zeigten. Wie üblich in vielen japanischen Restaurants begleitete man uns bis vor die Tür, verbeugte sich, dankte für den Besuch und wünschte eine gute Nacht. Wie bereits mehrfach erwähnt ist der Service in den Restaurants wirklich toll. Nach der Aufgabe der Bestellung wird häufig eben diese noch mal vorgelesen, um sicher zu sein, dass alles seine Richtigkeit hat. Beim Verlassen der Räumlichkeiten wird man immer von mehreren Mitarbeitern des Restaurants verabschiedet. Zugegeben bleibt dadurch ein gutes Gefühl zurück und als Gast stellt sich nicht die Frage, ob man nochmals wieder kommt, sondern eher wann.


Damit nicht der Eindruck entsteht, wir wären nur zum Essen nach Japan gekommen, möchte ich noch kurz erwähnen, dass wir durchschnittlich 11 Stunden Tage haben und wenig Tageslicht sehen, außer vielleicht morgens bei der Fahrt in die Studios. Schade, denn zur Zeit hat sich das Wetter wieder gebessert, die Sonne scheint bei 24 Grad und der Himmel ist blau.


Die freundschaftlichen Verhältnisse mit unserem japanischen Studioteam werden täglich besser. Mittlerweile werden wir mit ‚Guten Morgen‘ und ‚Wie geht es dir‘ (in deutsch) begrüßt und wir sagen dafür ‚ohayoo gozaimas‘ und ‚genki des-ka‘ (in japansich). Überhaupt wird ständig in den Wörterbüchern geblättert. Am Abend verbeugen wir uns beim Abschied, sagen ‚mata ashita‘ (bis morgen). Dennoch ist die Aussprache vieler japanischer Wendungen fast unmöglich, weil es zum Beispiel Wörter gibt, wo m und n in einen Buchstaben zusammengefasst werden, wie ‚kombanwa‘ (Guten Abend). Hier wird das n wie eine Mischung aus m und n gesprochen. Andere Buchstaben sind stimmlos wie etwa das i in ‚mata ashita‘. Ausgesprochen also wie ‚mata ashta‘. Vielleicht ist am Ende der vier Wochen eine flüssige Aussprache möglich. Es macht aber großen Spaß diese Worte zu lernen.


So, schon wieder später als gedacht. Ein wenig Schlaf muss sein.


Bild 1 zeigt unseren Küchenmeister vom heutigen Abend. Bild 2 und Bild 3 einen Ausschnitt aus den acht Gängen. Auf Bild 4 ist unser sehr netter Kellner zu sehen. Und ja, ich habe alles gegessen und eine ganze Menge Sake dazu getrunken...


mata- ne (bis später)


Alex

Dienstag, 14. Oktober 2008




[14OKT2008/ 22:57Uhr Nagoya/15:57 Uhr Hamburg]


Regen und nichts als Regen. Seit zwei Tagen regnet es ohne Unterbrechung und obwohl die Temperatur nur wenig nach unten gegangen ist, liegt die Stadt unter einem grauen Wolkenschleier, der alles in eigenartige Helligkeit taucht. Die Arbeiten im Studio gehen voran und seit heute sind wir unserem Fotozeitplan etwas voraus. Noch am Samstag und Montag haben wir für ein Detailfoto (Rückleuchten, usw.) mehr als fünf Stunden gebraucht, bis alles eingeleuchtet war und das Optimum für das Foto erreicht gewesen ist. Hin und wieder kommt es vor, dass nach mehreren Stunden der Lichtaufbau komplett geändert werden muss und alles neu eingerichtet wird.


Mittlerweile ist das Fotostudio zu einem Sprachlabor transformiert worden. Unsere japanischen Assistenten haben sich alle japanisch/deutsch Wörterbücher besorgt und üben in den freien Minuten. Es klingt sehr niedlich, wenn ‚alles bestens‘ oder ‚ wie geht es dir‘ mit japanischem Akzent gesprochen wird. Umgekehrt lerne ich viele Begriffe, welche die Arbeit im Studio wesentlich einfacher machen, wie etwa ‚links drehen‘ und ‚rechts drehen‘ (Scheinwerfer), anschalten und ausschalten. Außerdem bekomme ich Fischsorten mit japanischem Namen erklärt, weil alle meine Gier nach Sushi kennen. Aufgrund von Stau hat dann die Rückfahrt vom Studio ins Hotel auch ganze zwei Stunden gedauert. Es bleibt insgesamt wenig Zeit übrig am Ende des Tages. Deshalb kein Abendessen und früh schlafen gehen.


Gestern habe ich von Nomura ein japanisch/englisch Wörterbuch geschenkt bekommen, in dem viele Alltagssituationen erklärt sind und ein Grundwortschatz übersichtlich bebildert ist. Mit Hilfe dieses Buches kommunizieren wir in Studio und es macht wirklich großen Spaß die äußerst komplizierte Sprache kennenzulernen. Am Abend habe ich dann in einem Sushi Restaurant versucht meine Bestellung japanisch zu formulieren. Von der sicher falschen Aussprache abgesehen, verstand der Sushimeister den größten Teil und hat unglaublich gutes Suhsi zubereitet. Überhaupt sind Japaner sehr freundlich, wenn man zum Beispiel mit einem Wörterbuch an sie herantritt, mit dem Finger auf eine Abbildung im Buch zeigt und es dann versucht japanisch zu fragen, ist ihre Hilfe sehr groß. Auch wenn man dann von den vielen Sätzen so gut wie nichts versteht, hilft das deuten mit Händen oder die Mimik doch etwas zu erfahren. Noch am Sonntag habe ich einen Polizisten in der Innenstadt nach einem Restaurant gefragt und auch wenn ich nichts verstanden habe, hat doch das Deuten in eine Richtung uns den gesuchten Ort finden lassen. Auch wenn hier die englische Sprache in den Schulen gelehrt wird, sprechen es die wenigsten und verstehen es ebenso schlecht. Es ist meisten eine Mischung aus englischen- und japanischen Wörtern.


Ganz viele liebe Geburtstagsgrüße (tanjobi) gehen heute an Sandra Meiners in Osnabrück.
Heutige Fotos: Nr. 1 zeigt die Aussicht aus meinem Zimmer im 44. Stockwerk. Ich habe sicher schon unzählige Fotos dieses Ausblicks gemacht, weil sich das Licht so schnell ändert und die Stadt immer anders scheinen lässt. Bild Nr. 2 zeigt einen Ausschnitt aus dem Übersetzungsbuch. Da Japaner verrückt nach Comics sind, gibt es in allen Bereichen die unterschiedlichsten Comicfiguren, selbst bei Bankenwerbung. Auf Bild Nr. 3 kann man unser japanisches Studio Team sehen (v.l.n.r.): Fukuda (Autotechniker), Yuko (Foto- und Lichtassistentin, Studiobetreuung), Nomura (Foto- und Lichtassistent, Studiobetreuung), Tamami (Dolmetscherin) und Morikawa (Lichtassistent). Unglaublich nette Menschen, mit denen wir viel Spaß im Studio haben.


jaa-ne (bis bald)


Alex

Sonntag, 12. Oktober 2008





[12OKT2008/ 24:00Uhr Nagoya/17:00 Uhr Hamburg]


44 Stockwerke liegen seit heute zwischen mir und dem Erdboden. Aufgrund einiger Probleme bei unserem bisherigen Hotel (Hilton Nagoya) sind wir heute am Morgen in den Marriott Tower am Hauptbahnhof umgezogen, der mit 53 Stockwerken wohl das höchste Gebäude weit und breit sein dürfte. Im Erdgeschoß liegt der Hauptbahnhof wo auch der japanische Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen hält. Die nächsten elf Stockwerke gehören Takashimaya, einem sehr großen und noblen Kaufhaus, wo es alles von Küchenschürzen bis Gucci Uhren gibt. In den Stockwerken 12 und 13 befinden sich nur Restaurants, von Suhsi bis Pizza. Ab dem 15. Stockwerk geht dann das Marriott los. Der Ausblick aus meinem Zimmer ist sensationell und unfassbar schön.


Der Sonntag war heute frei und nachdem wir die Koffer an der Rezeption abgegeben hatten sind wir per U-Bahn in einen anderen Stadtteil gefahren, weil heute Nagoya Stadtfest war. Die Fahrt mit der U-Bahn war sehr interessant, denn auf den Bahnsteigen sind L-förmige Markierungen angebracht. Wenn die U-Bahn hält steigen erst alle aus, dann steigen die Wartenden dem L folgend ein. Das geht sehr schnell, ist geordnet und es gibt kein Gedränge. Wäre für das Einsteigen in den ICE ein wirklicher Fortschritt. Nach ein paar Stationen sind wir ausgestiegen und waren direkt an der Marschroute der Parade, die am heutigen Tag durch Stadt gezogen ist. Den genauen Hintergrund konnten wir nicht herausfinden, doch die Vielfalt an Farben, Menschen und Musik war wirklich schön. Jeder Stadtteil war mit einer Gruppe von Menschen beteiligt, die in traditioneller Kleidung einen Schrein gezogen haben, der etwa die Größe einer Gartenlaube hatte. Darin saßen weitere Menschen, die auf großen Trommeln einen Rhythmus geschlagen haben. Ein sehr tiefer und dumpfer Ton, den ich als hypnotisch empfunden habe. Die Straßen waren stellenweise gesperrt und es schien als wären alle Einwohner der Stadt unterwegs. Gegen 16 Uhr begann der zweite Teil der Parade, wo nun kleine Musikgruppen und Darsteller japansicher Geschichte, ebenfalls in traditioneller Kleidung durch die Straßen gezogen sind. Die Begeisterung der Menschen entlang der Parade war wirklich groß. Wenn der Umzug wegen eines Rückstaus anhalten musste, wurden kleine Schauspiele aufgeführt, meistens Kampfszenen mit Samurai-Kriegern. Äußerst süß waren die Musikgruppen, die fast ausschließlich aus kleinen Kindern bestanden, die alle Flöte, Trommel oder eine Art Xylophon spielten.
Jetzt werde ich mich gleich noch auf die breite Fensterbank setzen, mir dieses unglaubliche Lichtermeer der Stadt anschauen und dann schnell ins Bett gehen. Am Montag geht das Geknipse wieder los und wir fahren um 8 Uhr ab ins Studio. Es stehen Detailfotos auf dem Plan, also Rücklichter, Logo, Türgriffe usw.., keine Bikimodelle, aber wer kann schon alles haben.

Bild 1 zeigt unser neues Hotel (das rechte Gebäude). Auf Bild 2 ist ein Schrein zu sehen, der von Menschen gezogen wird. So wie auf Bild 3 sind in der Parade ganz viele Figuren dabei gewesen, die meist von Kindern selbst gebastelt und gezogen worden sind. Auf Bild 4 sieht man eine weiter Gruppe von der Nagoya Stadtfest Parade.

Alex

[10OKT2008/ 23:44Uhr Nagoya/16:44 Uhr Hamburg]

ACHTUNG ERDBEBEN!!! So wurden wir heute am Morgen in den Fotostudios begrüßt. Man teilte uns mit, dass am Nachmittag eine Erdbebenübung stattfinden solle, bei der die Teilnahme des ganzen Werkskomplexes, also Toyota Produktion und xxx Fotostudio vorausgesetzt wurde. Um genau 16 Uhr kam über den Lautsprecher die Ankündigung der Erbebenübung und eine aufregte japanische Stimme rief: „Achtung Erdbeben! Achtung Erdbeben! Achtung Erdbeben!“ Es folgten circa drei Minuten laute Geräusche, die das Zusammenstürzen eines Gebäudes simulieren sollten, bevor wir dann von unserem Erdbeben-Abschnittsleiter nach draußen geführt wurden. Auf dem Parkplatz vor dem Werk fanden sich innerhalb weniger Minuten etwa 120 Menschen zusammen, die sich alle in Reihen ordneten. Dabei kam es darauf an, schnell und effektiv zu sein. Dann wurden die Anwesenheitslisten überprüft, nochmals durchgezählt und dann gab es von der Werksleitung eine kurze Ansprache. Es wurde bemängelt, dass alles zu langsam passiert sei und der nötige Ernst gefehlt hätte. Es war tatsächlich verboten zu lachen. Von der nächsten Übung erwarte man mehr Konzentration. Im Anschluss durften alle wieder zurück an ihren jeweiligen Arbeitsplatz gehen. Ich habe die Lautsprecheransagen der Erdbebenübung digital mitgeschnitten und wer möchte kann sich das bei Gelegenheit gerne anhören.

Gegen 19 Uhr haben wir das letzte Foto für Freitag fertig belichtet und sind zurück ins Hotel gefahren. Zehn Minuten zum Duschen und Umziehen, wie eigentlich jeden Tag und dann haben wir wirklich das beste Sushi aller Zeiten gehabt. Man möge mir meine Begeisterung für japanisches Essen nachsehen. Das Restaurant lag in einer kleinen Seitenstraße, gerade zwei Tische mit jeweils vier Sitzplätzen und acht Sitzplätze an der Theke. Zwei Sushi-Meister haben direkt vor meinen Augen ein perfektes Suhsi gezaubert, mit Unagi (Frischwasser-Aal), Ebi (Schrimps) und Tunfisch. Dazu gab es für mich grünen Tee und Sake. Ausgerechnet dort war der Akku meiner Kamera leer. Tragisch, aber ein weiterer Sushi Abend wird dort sicher folgen. Auf dem Rückweg war ich noch kurz in einer Spielhalle mit einem unfassbaren Lärmpegel. Die Japaner sitzen hier in aller Ruhe vor den Maschinen und versuchen durch Drücken von Knöpfen drei gleiche Zahlen zu erzielen. Bei einem Gewinn fallen kleine Metallkugeln heraus, die in Bechern gesammelt werden. Da in Japan das Glücksspiel um Geld verboten ist, hat man hier eine andere Möglichkeit gefunden, dieses Verbot zu umgehen. Die Metallkugeln können gegen Reisegutscheine und andere Sachpreise direkt vor Ort eingetauscht werden. Wenn man den Lärm aller Volksfeste zusammen nimmt würde man sicher nicht an diese Geräuschkulisse heranreichen. Ich war nur wenige Minuten in dieser relativ kleinen Spielhalle, doch die Ohren haben schon furchtbar gedröhnt. Erstaunlich, dass man hierbei Ruhe finden kann.

Noch immer ist die Zeitverschiebung ein großes Problem und die Momente in denen der Schlaf ganz schnell einsetzt sind nach wie vor gegeben. Wirklich eigenartig. Sobald ein Moment der Ruhe besteht und man für kurze Zeit die Augen schließt, beginnt eine Art Sekundenschlaf. Hinzu kommt die unglaublich schwere Luft in den Fotostudios, die durch die Vielzahl der Filmscheinwerfer (dienen als Beleuchtung für das Fotofahrzeug) und die fehlende Klimaanlage heiß und stickig ist. Da mehrfach am Tag der Untergrund um das Foto-Auto herum frisch gestrichen wird, damit alles makellos scheint, kann man sich vielleicht denken wie schlecht die Luft dort ist. Einzig beim Verlassen des xxx Werkes zur Mittagspause besteht die Möglichkeit für Frischluft. Das Wetter ist sonst recht mild, circa 25 Grad am Tag und nur wenige Grad kälter in der Nacht. Da es jetzt schon wieder 0:35 Uhr ist und der Tag morgen wie immer um 7 Uhr beginnt, sollte ich mich mal ins Bett bewegen.

Elli, alles Liebe und Gute zum Geburtstag.

Alex

Donnerstag, 9. Oktober 2008




[9OKT2008/ 23:47Uhr Nagoya/16:47 Uhr Hamburg]


Nach einer sehr kurzen Nacht mit circa vier Stunden Schlaf sind wir heute Morgen wieder um 8 Uhr Richtung xxx City losgefahren. Neben dem Kunden von Toyota sind der Art Director und eine Kundenkontakterin (Schnittstelle Kunde und Agentur) mit dabei. Wir werden direkt am Hotel abgeholt und mit einem Kleinbus bis vor die Werkstore gefahren.


Im Laufe des Tages sind eine Unzahl Auto-Fotos entstanden, so dass wir unseren aufgestellten Zeitplan noch voll einhalten. Der Abend war allerdings sensationell. Yugi der Studio Manager der xxx Studios hat uns heute Abend in ein unglaublich gutes Restaurant zum Shabu Shabu-Essen mitgenommen. Dies ist eine traditionelle japanische Esskultur. Auf dem Tisch steht ein Kupferkessel mit kochendem Wasser. Dazu kommt eine Platte mit hauchdünnen Scheiben von rohem Rindfleisch, so wie Pilze, Tofu, Kohl und Kräuter. Mit einem kurzen Schwung (Shabu) zieht man das Fleisch durch das kochende Wasser, welches innerhalb von Sekunden gar ist, legt es danach kurz in eine Sesamsoße ein und isst es. Sehr lecker. Das Gemüse wird ebenfalls in den Topf gelegt, benötigt aber länger. Am Ende ist das kochende Wasser voller Gemüse- und Fleischaromen. Dann werden Misopaste und Udonnudeln in die Brühe geworfen und man isst dies zum Abschluss als Suppe. Wer ‚Lost In Translation‘ gesehen hat wird sich vielleicht an eine Szene erinnern wo Bill Murray und Scarlett Johannsson in einem Shabu Shabu Restaurant essen. Überhaupt stellt dieser Film das Leben in Japan für Nicht-Japaner äußerst gut dar.
Zudem gab es heute parallel dazu ein Korean BBQ. Die Kombination dieser beiden Arten japanisch zu essen ist nicht üblich. Warum wir es dennoch hatten weiß ich auch nicht. Dabei steht ein kleiner Grill mit heißen Lavasteinen auf dem Tisch und man grillt sich dort kleine Stücke von verschiedenem Rindfleisch, welches dem Kobefleisch sehr nahe kommt. Da es der letzte Abend für unsren Kunden war, gab es zudem eine Menge Sake. Die 2 Literflasche kostet in den Shops etwa zwischen 20€ und 40€. Leider ist es unmöglich die Etiketten zu lesen und sich für die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen zu entscheiden.


Die Menschen in den Restaurants sind übrigens äußerst freundlich. Wenn man durch die Tür kommt wird man mit sehr lauten Rufen begrüßt. Sowohl Bedienung, als auch die Köche (Küchen sind häufig zum Restaurant hin offen) rufen laute Begrüßungsformeln. Anfangs verwirrend, aber eigentlich eine schöne Sache. Ebenso wenn man das Restaurant verlässt. Man wird zum Ausgang begleitet, die Bedienungen bedanken sich und verabschieden sich sehr höflich. Schöner Kontrast zu deutschen Restaurants. Überhaupt sind die Japaner sehr freundlich, auch wenn sie hauptsächlich mehr als zurückhaltend sind.
Bild 1 zeigt das koreanische BBQ am Tisch. Bild 2 ist eine typische Speisekarte. Bild 3 zeigt einen Serviceknopf am Tich (gibt es auch in den kleinsten Restaurants) wo man jederzeit nach der Bedienung rufen kann. Geht schnell und der Service ist immer klasse.

Genug über das Essen gesprochen. Ich versuche vielleicht ein wenig mehr zu schlafen wie letzte Nacht.


Bis bald!


Alex



[8OKT2008/ 23:32Uhr Nagoya/16:32 Uhr Hamburg]


Heute also der erste Fototag in den xxx Studios/xxxa Werk und gleich 11 Stunden am ersten Motiv festgehangen. Es hat mehrere Stunden gedauert, bis das neue Lexus Fahrzeug eingeleuchtet war und alle Varianten der Perspektive belichtet waren. Lexus ist übrigens die Luxusmarke von Toyota und wird gerade in Amerika, Russland und Europa sehr hoch bewertet, da Toyota weltweit das erste Unternehmen gewesen ist, welches einen Hybrid Motor erfunden und in seine Fahrzeuge eingebaut hat. Das bedeutet bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit nutzt das Auto den Elektromotor und später dann wird der reguläre Verbrennungsmotor zugeschaltet. Dadurch reduziert sich der Benzinverbrauch erheblich. Wirklich nette Autos. Müsste ich mich entscheiden würde ich für einen Toyota Prius oder Lexus IS stimmen.


Leider kann ich keine Fotos des Lexus-Autos ins Netz stellen, da alles noch sehr geheim ist und man dafür sicher meinen Kopf behalten würde. Die Sicherheitsbestimmungen sind hoch Keine Fotomobiltelefone, keine Kameras. Jeden Morgen und jeden Abend werden wir in eine Liste ein- und wieder ausgetragen. Selbst beim Verlassen des Studios zur Mittagspause muss man sich abmelden. Es gibt noch eine ganze Menge mehr Vorschriften, insgesamt zwei DIN A4 Seiten lang, hier ein paar komische Anweisungen: es ist nur erlaubt auf den grünen Markierungen des Werksbodens zu laufen. Mitgebrachter Müll wie Plastikflaschen darf nicht im Studio entsorgt werden. Studioeigene PET-Flaschen müssen vor dem Wegwerfen vom Etikett befreit werden. Es hängen tatsächlich fünf verschiedene Müllbeutel im Studio und die Trennung von Müll hat eine sehr hohe Priorität. Da dies mein dritter Job in den xxx Studios ist, fällt mir die Beachtung der Regeln nicht ganz so schwer, auch wenn es manchmal grotesk scheint.


Die Kommunikation mit den Studioassistenten ist nicht sehr leicht. Niemand spricht fließend englisch, höchstens ein paar Worte und mein Wissen reicht für wenige Sätze. Unsere Dolmetscherin Tamami hat daher viel zu tun. In den Pausen bringen mir unsere japanischen Freunde immer ein paar neue Worte bei und wollen dazu die deutsche Entsprechung hören. In einem Japanisch-Deutsch Touristenbuch welches unsere Dolmetscherin dabei hat, habe ich heute tatsächlich im Wortschatz ‚Deutsch-Umgangssprache‘ die Worte „Geil“, „Verpiss dich“ und „Spätzle“ gefunden. Wie aber einem Japaner das Wort „Geil“ erklären.


Auf den vorangestellten Fotos ist der Ausschnitt eines Mangas zu sehen und in der Sprechblase steht: „Er ist kein menschliches Wesen“. Diese japanischen Comics liegen in vielen Restaurants an der Kasse zum Ausleihen. Weiter ist eine Windeltüte für Kinder mit Micky Maus drauf zu sehen. Auf dem dritten Bild ist wieder der Ausblick aus meinem Hotelzimmer mit dem Halbmond über Nagoya.


o-yasumi nasai (Gute Nacht)


Alex

Dienstag, 7. Oktober 2008





[7OKT2008/ 23:41Uhr Nagoya/16:37 Uhr Hamburg]
Wer schon mal auf einem fremdem Planeten gelandet ist, der wird sich vorstellen können wie Japan auf einen Europäer wirken mag. Selbst bei meinem dritten Besuch sind viele Verhaltensweisen und Abläufe kaum verständlich, ganz davon abgesehen, dass es unmöglich ist Schilder oder Speisekarten zu lesen. Mit der englischen Sprache ist man größtenteils verloren und so bleiben nur Wörterbücher und die Hände.


Vom 5. Oktober bis zum 5. November habe ich das große Glück in Japan, genauer in Nagoya arbeiten zu können, der viertgrößten Stadt Japans, mit rund 2,1 Millionen Einwohner und dem Hauptsitz des Toyota Konzerns, für den wir einen Katalog eines neu designten Autos fotografieren. Meine Tagesabläufe sind bis auf kleine Ausnahmen vom Arbeiten bestimmt, doch man hat uns versprochen, dass die Sonntage frei sind und hoffentlich wird Gelegenheit bestehen, einige interessante Dinge sich anzuschauen.


Am Samstag (4.Oktober) bin ich mittags von Hamburg nach Stuttgart geflogen, um von dort aus am folgenden Tag mit Fotograf und Assistentin über Frankfurt nach Nagoya zu fliegen. Nachmittags hatte ich noch die Gelegenheit im Gottlieb-Daimler-Stadion das Fußballspiel Stuttgart gegen Werder Bremen zu sehen. War wirklich nett, vor allem weil die Plätze in der Sonne waren und insgesamt fünf Tore gefallen sind. Abends war ich noch mit Manu Wagner und Jürgen Sandersfeld in Stuttgart unterwegs. Am Sonntag sind wir dann um 10 Uhr aus Stuttgart abgeflogen und nach längerem Aufenthalt in Frankfurt, hier hat mich Carsten Jakob kurz im Terminal besucht, ging es mit einem elfstündigen Flug nach Japan. Die Landung war dann am Montag (6. Oktober) um 8.30 Uhr. Durch die Zeitverschiebung bin ich nachmittags gegen 16 Uhr Japanzeit so müde, dass ich manchmal im Sitzen einschlafe, während ich nachts zwischen 2 Uhr und 5 Uhr kaum schlafen kann. Dieser Zustand hält meisten länger als eine Woche und führt zu einem dauernden Erschöpfungszustand.


Heute (7. Oktober) war ich an meinem freien Vormittag bei BIC Camera, dem größten Kaufhaus für Unterhaltungselektronik in Japan. Unfassbar bunt, unfassbar laut. Überall sitzen Manga Figuren, aus allen Richtungen kommt Musik. In Japan macht fast alles Geräusche, entweder Musik oder Sprache, so dass ein permanent hoher Geräuschpegel besteht. Den Menschen hier scheint das wenig auszumachen. Überhaupt wirken Japaner sehr gelassen durch ihre Höflichkeit und ihre Zurückhaltung. Man denkt immer an das Wohl anderer. Auf der Straße bin ich mit 1,92 Meter aus großer Entfernung schon sichtbar und auch wenn mich hier niemand von den Erwachsenen offen anstarrt, aus Gründen der Höflichkeit, bleiben immer wieder kleine Kinder vor mir stehen und schauen zu mir hinauf. Sehr niedlich, vor allem weil viele der Kinder die Kleidung ihrer favorisierten Manga-Figuren tragen, also T-Shirts mit Flügeln dran oder rosa Prinzessin-Kostüme.
Das japanische Essen ist einfach sensationell. Es gibt natürlich das beste Sushi in der ganzen Welt, doch auch hier wird es als etwas besonderes angesehen und daher selten gegessen. Weit verbreitet sind Sobanudeln (Buchweizen Nudel), Tempura (frittierte Gemüse) und Fisch in allen möglichen Formen. Die Frische des Fischs ist unschlagbar. Erlaubt ist lautes Schlürfen beim Nudelessen und wenn man in einem Restaurant sitz führt das anfangs zu großer Verwunderung weil es eben ungewohnt ist. Es macht aber großen Spaß sich diese japanische Essenskultur anzueignen, zumal es in keiner Weise unhöflich ist laut zu schlürfen.

Herzlichen Glückwunsch und viele liebe Grüße auf diesem Wege an Frederick Meiners in Osnabrück. Bei meinem nächsten Besuch gibt es Geschenke und was zum Essen.

Morgen (8. Oktober) beginnen wir dann mit den Arbeiten im Fotostudio, welches in einem Randbezirk von Nagoya ist, einer kleinen Stadt mit dem Namen xxx City. Mitten zwischen Reisfeldern auf einem Hügel liegen die Autowerke mit integrierten Fotostudios. Die Fahrt dauert vierzig Minuten und diese Zeit nutze ich morgens und abends zum Musikhören oder Schlafen. Die Arbeitstage dauern meisten zehnf Stunden, häufig länger. Dazu aber später mehr.
Die drei Fotos zeigen mein Hotel, die Aussicht aus meinem Zimmer und ein besonders leckeres Sushi. Dann bis bald. Mails, Fragen immer gerne an